Schumann-Plan: Montanunion

Schumann-Plan: Montanunion
Schumann-Plan: Montanunion
 
Die Internationalisierung des Ruhrgebietes, die Loslösung von Rhein und Ruhr aus Deutschland waren Maximalforderungen französischer Politiker bei den Konferenzen der Außenminister über die Zukunft des besetzten Landes. Auch die Sowjets traten für eine Internationalisierung der Ruhrindustrie ein, die einer Vier-Mächte-Kontrolle unterstellt werden sollte. Auf diese Weise hofften sie, nicht nur an der Ausbeutung der Ruhrindustrie beteiligt zu werden, sondern auch, auf die Entwicklung Gesamtdeutschlands Einfluss nehmen zu können.
 
Die Briten, zu deren Besatzungszone das Ruhrgebiet in dem neu geschaffenen Land Nordrhein-Westfalen gehörte, wiesen mit der Unterstützung der USA alle diese Ansprüche zurück. Bei der sich anbahnenden Konzentration der westeuropäischen Staaten auf eine »Westunion«-Lösung verhandelte die Londoner Sechsmächtekonferenz 1948 auch über das zukünftige Schicksal des Ruhrgebietes. Mit Rücksicht auf Frankreichs Sicherheitsbedürfnis wurde von den sechs Staaten ein Abkommen über eine internationale Kontrollbehörde für das Gebiet geschaffen, das am 28. April 1949 als Ruhrstatut unterzeichnet wurde.
 
Die Kontrollbehörde sollte die Produktion an Kohle, Koks und Stahl kontrollieren, auf dem deutschen und internationalen Markt verteilen und zugleich eine wirtschaftliche Konzentration verhindern. Das Ruhrgebiet blieb aber Bestandteil des deutschen Staatsgebietes. Als die Bundesrepublik Deutschland nach ihrer Konstituierung im November 1949 der Ruhrbehörde beitrat, führte dieser Schritt im Deutschen Bundestag zu einer heftigen Kontroverse.
 
Der erste deutsche Bundeskanzler, Konrad Adenauer (1876-1967), schlug im März 1950 eine deutsch-französische Wirtschaftsunion vor, um die französischen Bedenken gegen ein wirtschaftliches Wiedererstarken des Nachbarn zu entkräften. Diese Idee einer Fusion der deutschen und französischen Kohle- und Stahlindustrie griff der französische Außenminister Robert Schuman (1886-1963) auf, als er am 9. Mai 1950 für diese Produktionsgemeinschaft eintrat und die übrigen westeuropäischen Länder aufforderte, sich der Gemeinschaft anzuschließen.
 
Ende Juni 1950 nahmen Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland Verhandlungen über den Schumanplan auf. Sie beschlossen die Errichtung einer Hohen Behörde, deren Beschlüsse für die teilnehmenden Länder verbindlich sein sollten, und sie erklärten sich bereit, Hoheitsrechte an diese Behörde zu übertragen. Am 18. April 1951 unterzeichneten sie in Paris den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Der Vertrag wurde auf eine Dauer von 50 Jahren abgeschlossen. Die Montanunion trat am 25. Juli 1952 in Kraft. Gleichzeitig wurde das Ruhrstatut aufgehoben.
 
Die Montanunion war einer der Grundpfeiler der Europäischen Gemeinschaften. Sie leitete zugleich die deutsch-französische Aussöhnung ein, die in dem von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 geschlossenen Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag ihren völkerrechtlichen Ausdruck fand.

Universal-Lexikon. 2012.

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